Kinder, Junge und Alte, Frauen und Männer, Familien, Paare, Alleinerziehende und Singles, Menschen unterschiedlicher ethnischer und kultureller Herkunft, niedrige und hohe Einkommen - allen gemeinsam war zu Beginn die praktische Anschauung, dass wir die Erde nur von unseren Kindern geborgt haben. Und alle strebten nach einer behaglichen Stadtwohnung in einer sie fördernden Umgebung, in der geboren, sehr gerne gelebt und in der, wenn der Wille dazu besteht, auch gestorben werden kann.
Die Binsenweisheit, dass die architektonische Gestaltung des Innen und Außen das Sozialverhalten beeinflusst, wurde von Anfang an auch aus Erhaltungsgründen des Bauwerkes ernst genommen.
Die Bebauungsform mit Ausrichtung aller Wohnungen auf den Wohnhof mit seinem Umlauf und Laubengang, der dadurch u.a. eine ähnliche Funktion erhalten hat, wie z.B. der Flur einer Wohngemeinschaft, wurde in einem mehrmonatigen intensiven Arbeitsprozess, an dem Mieter und Eigentümer gleichberechtigt beteiligt waren, entwickelt. Sehr unterschiedliche Haushaltstypen wie Alleinstehende, Junge und Alte, Pärchen und Wohngemeinschaft, traditionelle Familien und Alleinerziehende in mehreren Generationen (von 5 Monaten bis 70 Jahre) verteilen sich auf ebenso unterschiedliche Wohnungen mit Größen zwischen 35 und 175 qm.
Von den elf Wohnungen wurden vier Wohnungen als
Mietwohnungen im Sozialen Wohnungsbau (mit sofortiger Miet- und
Belegungsbindung) errichtet. Mieter wie Eigentümer wurden intensiv an
der Planung beteiligt. Die Mieter haben auch bei der weiteren Gestaltung
sowie allen anderen sie betreffenden Belangen Mitspracherechte, die im
Bewohner/innenverein WABE e.V. gemeinsam von allen Bewohnerinnen und
Bewohnern wahrgenommen werden. Weiteres gemeinsames Ziel war es
schließlich, die üblicherweise gebauten Grenzen zwischen Wohnen und
Nachbarschaft durchlässiger zu gestalten.
Die Eigentumsverhältnisse sind für die sieben Eigentumswohnungen nach dem WEG und für die vier Mietwohnungen im Rahmen einer GbR der sieben Eigentümer geregelt Fehlendes Eigenkapital wurde z.T. durch Selbsthilfe ersetzt.
Die Wohnanlage erreicht den Niedrigenergiestandard. Die Lüftungswärmeverluste werden über die sehr gute Winddichtigkeit und eine kontrollierte Bedarfslüftung verringert. Die Baustoffauswahl erfolgte nach ökologischen Kriterien. Überwiegend wurde Zellulosedämmstoff verwendet. Die Innendämmungen im Altbau sind z.T. diffusionsoffen mit Weichfaserplatten und Lehmputz ausgeführt.
Schon aufgrund der Fluktuation der Interessenten während der langen Planungsphase musste für den Neubau ein Bausystem gefunden werden, das sehr unterschiedliche Wohnungsaufteilungen und Grundrisse im Rahmen einer einheitlichen Struktur zulässt. Die Wohnungstrennungen bestehen aus massiven Bauteilen (KS-Mauerwerk und Betondecken) und werden für die Tragkonstruktion herangezogen. Alle Trennwände können wieder entfernt werden, weil sie als nichttragende Gipsfaserwände ausgeführt sind.
Die Außenwände wurden als vorgefertigte, hoch gedämmte
Holztafelwände mit Sperrholzfassade errichtet. In der Holzkonstruktion
ist die Zellulosedämmung untergebracht. Der Laubengang ist als
weitgehend unabhängige Stahlkonstruktion vor die Holzfassade gestellt.
Da
beim Bau eine alte Kellersohle auf dem Grundstück gefunden wurde,
musste eine kombinierte Rigolen/Muldenversickerung gebaut werden, um die
Oberflächenentwässerung dezentral erledigen zu können. Offene
Entwässerungsrinnen sowie die Versickerungsmulden wurden als Elemente in
die Freiflächengestaltung einbezogen.
Ein Tandemkraftwerk aus
Blockheizkraftwerk und Fotovoltaikgenerator reduziert durch die
rationelle Nutzung der Primär- und Sonnenenergie sowohl in der gesamten
Nachbarschaft deutlich die Stickoxide als auch die sonst bei der
Energieerzeugung anfallenden Treibhausgase um rund 75 Prozent.
Eine
Dachbegrünung ist zunächst aus finanziellen Gründen verschoben aber
nicht aufgehoben worden.
Die Errichtung und der Betrieb der Energieinfrastruktur
(BHKW, Fotovoltaikgenerator, Strom- und Wärmeerzeugung sowie deren
Verteilung, Trinkwasser- und Gasversorgung) wird von der
Wohnanlageneigenen Energiedienstleistungsgesellschaft WABE mbH
ökologisch, sozial, rationell und wirtschaftlich besorgt. Zum Abfangen
von Verbrauchsspitzen wird ein Brennwertkessel zur Beheizung
zugeschaltet bzw. zusätzlicher Strom aus der Photovoltaikanlage oder aus
dem Netz eingespeist. Über die Straße hinweg ist ein größeres
Ateliergebäude an diese Energieversorgung angeschlossen.
Die
Gesellschaft betreibt auch die Sauna sowie die Waschmaschinen und
Trockner in den Gemeinschaftsräumen, zu denen noch ein Kinderwagen- und
ein Fahrradraum gehören.
Die Baugemeinschaft hat nach ihrer Überzeugung ihre
Ziele, individuellen Wohnbedarf sozialverträglich und ökologisch
angepasst zu bezahlbaren Preisen in der Nordstadt Hannovers zu
errichten, nahezu erreicht. Zwar wurde auf einen Bauträger verzichtet
und auf Verträge untereinander gesetzt, die die Spekulation mit den
Wohnungen ausschließen. Eine deutliche Begrenzung typischer
Baupreissteigerungen in der Ausführung konnte allerdings nicht erreicht
werden. Als Trostpflaster wurde denn auch die Auszeichnung mit dem
zweiten Platz beim niedersächsischen Staatspreis für Architektur gegen
eine große Konkurrenz im EXPO-Jahr 2000 angesehen.
Bauorganisation und Rechtsformen Integrierte Rechtsformen für 11 Wohnungen (Wohnfläche: 260 qm Altbau und 607 qm Neubau auf einem rund 1000 qm großem Grundstück) mit zur Zeit 28 Bewohner/innen :
a)WEG für sieben Eigentumswohnungen
b)GbR für vier Mietwohnungen
c) Bewohner/innen - e.V. für die weitere Gestaltung und die Regelung der Alltagsangelegenheiten
d) GmbH für die Errichtung und den Betrieb der Energie-, Gas- und Wasserversorgung
Gemeinschaftsräume: Sauna, Waschküche und Mehrfachnutzungsraum, Fahrrad- und Kinderwagenraum
Planungszeit: rund 18 Monate
Bauzeit: ca. 24 Monate
Fertigstellung: Dezember 1999
Ökologie: Tandemkraftwerk aus BHKW und Fotovoltaikgenerator - BHKW: 5,5 kW elektrische und 12,5 kW thermische Leistung - Fotovoltaikgenerator: 8,37 kW
Regenwasserversickerung
Niedrigenergiestandard mit kontrollierter Bedarfslüftung
Wohnungsbauförderprogramm des Landes Niedersachsen und Aufwendungszuschüsse der Landeshauptstadt Hannover für vier Wohnungen,
Zuschüsse des Fonds ProKlima bei den Stadtwerken Hannover
Selbsthilfe: Grundlagenermittlung, Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe, Aufräum- und Abbrucharbeiten auf dem Baugelände und im Altbau, Fassadenreinigung des Altbaus, Verlegung von Holzfußböden, teilweise Einbauschränke- und Küchenbau, Durchführung der Malerarbeiten innen, Fliesenlegergewerke, Leichtbauwände, Innentüren, teilweise Winddichtigkeitsisolierungsarbeiten, Umlauf- und Terrassenbeplankung, Teilgestaltung der Grünanlagen, Rechnungswesen Finanzierung/Baukosten